Frau und Universität: Zur Situation von Studentinnen und Dozentinnen in der BRD und Westberlin
Dienstags, 15-17 Uhr, Garystr., Hörsaal 103
Erste Sitzung: 23.4.74, 15 Uhr
Die wichtigsten Beiträge zur Lage der Frauen an der Universität stammen aus dem Beginn der 60iger Jahre. Diese Untersuchungen lassen keinen Zweifel daran, daß die Universität weitgehend Männersache ist. Besonders kraß äußert sich dies in den Einstellungen von männlichen Dozenten und Studenten. Darin existiert die Frau vor allem als sich unterzuordnende „Mängelwesen“.
Für die inhaltliche Gestaltung des Seminars wird in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, daß sich in den letzten 10 Jahren nichts Wesentliches an der Situation der Frau an der Universität geändert hat. Zwar wird diese Frage heute weitgehend totgeschwiegen, aber auch darin äußerte sich ein nicht zu unterschätzende Frauenfeindlichkeit.
Im Verlauf des Seminars sollen nun die besonderen Bedingungen untersucht werden, die die Situation von Studentinnen und Dozentinnen charakterisieren.
Diese Frage bezieht sich allerdings nicht nur auf die gesellschaftlich bedingten geschlechtsspezifischen Voraussetzungen, mit denen wir an die Universität kommen. Vielmehr ist konkret zu klären, auf welche Weise die Institution Universität selbst die Schwierigkeiten von Frauen verstärkt.
Dabei wird es sehr wichtig sein, von den eigenen Erfahrungen auszugehen, um von daher erste Einschätzungen der besonderen Situation von Studentinnen und Dozentinnen zu entwickeln.
Das Seminar ist von 7x Frauen gemeinsam vorbereitet worden.
Wir schlagen folgende Arbeitspunkte vor:
- Zur Situation von Frauen in verschiedenen Fachbereiche
- Zur Lebenssituation von Studentinnen
- Selbsterfahrungen von Studentinnen
- Zur Situation von Dozentinnen
- Psychische Probleme von Studentinnen
- Wissenschaftliche Beiträge zur Situation der Frau an der Universität, insbesondere am Beispiel von Helge Pross
- Auseinandersetzung über die Stellungnahmen verschiedener politischer Organisationen zur Frauenfrage
Arbeitsplan:
Wir wollen versuchen, soweit uns das gemeinsam gelingt, andere Arbeitsformen zu entwickeln. Das heißt auch, keine blödsinnigen Leistungsanforderungen zu stellen. Deshalb sind die Plenumssitzungen mehr als Informationsveranstaltungen geplant. Darüberhinaus soll vorwiegend in Arbeitsgruppen gearbeitet werden (jede Frau muß an einer teilnehmen). Die Arbeitsgruppen sollen Projektcharakter haben, damit wenigstens ein bißchen dabei herauskommt.
Frauengruppe für Seminarvorbereitung zum Thema:
„Frau und Universität: Zur Situation von Studentinnen und Dozentinnen in der BRD und Westberlin“
Wir sind 7 Frauen aus der Fachhochschulgruppe.
Wir wollen gemeinsam dieses Seminar in Angriff nehmen, auch aus dem Bedürfnis heraus, endlich mal was praktisch an der Uni zu machen bzw. mit der Absicht, unsere eigene Situation dort viel genauer zu hinterfragen.
Den Schwerpunkt unserer Diskussion bildeten die Auseinandersetzungen um die eigenen Erfahrungen. Wir versuchten, verschiedene Gesichtspunkte herauszuarbeiten (z.B. Studienmotivation, Erfahrungen in Seminaren und in politischen Organisationen) und dementsprechend Erfahrungsberichte zu schreiben. Die Diskussionen um unsere eigene Geschichte waren auch deshalb so wichtig und so intensiv, weil wir merkten, daß wir erst einmal ziemlich viele Blockierungen abbauen mußten, um wenigstens ansatzweise dahin zu kommen, die eigenen Schwierigkeiten zuzugeben. Mit der Verallgemeinerung unserer Erfahrungen sind wir allerdings noch nicht sehr weit. Dennoch ist klar geworden: die Uni ist männlich geprägt, d.h. Frauen können hier mit ihren besonderen Voraussetzungen und Bedürfnissen nicht durchkommen. Entweder wird überhaupt von unserem Geschlecht abstrahiert, dann sind wir nur akzeptiert über maßlosen Leistungsdruck und nur über die Arbeit (aber nur solange die Männer sich nicht angekratzt fühlen). Oder aber wir werden festgelegt auf unser Geschlecht, d.h. wir existieren nur als Sexualobjekt. Diese Aufspaltung in Geschlecht einerseits und Arbeit/Leistung andererseits schafft ganz viele Zwickmühlen, die wir bislang nur über den Weg der Anpassung lösen konnten.
Über die Frage nach den eigenen Erfahrungen hinaus versuchten wir, uns einen Überblick über die zu diesem Thema vorliegende Literatur zu verschaffen.
An einem Wochenende fuhren wir gemeinsam in ein Bauernhaus in der Nähe von Lübeck, um mal über eine längere Zeit zusammenzusein und reden zu können. An diesem Wochenende kamen wir soweit, einen Semesterplan zu erarbeiten und Arbeitsschwerpunkte herauszubekommen, an denen jeweils eine Frau das Semester über arbeitet.
Seit das Semester begonnen hat, sind wir alle ziemlich unter Druck. Nicht nur, weil so wahnsinnig viel organisatorischer Kram erledigt werden muß, sondern auch deshalb, weil wir alle außer dem Seminar noch viele unterschiedliche Sachen machen. Zu der großen Arbeitsbelastung kommt hinzu, daß wir jetzt während des Semesters wieder dem ganzen Uniterror ausgesetzt sind, den wir versuchen müssen zu bewältigen.
Alles andere steht auf dem nachfolgenden Flugblatt, das wir an der Uni verteilen.